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Offener Brief an die Bundeskanzlerin, den Präsidenten der Französischen Republick, die Regierung des Saarlandes die Genaralkonsulin Frankreichs in Saarbrücken, die Abgeordneten der Assemblée Nationale in der Region und die örtliche Presse Anfang Juli 2020.

Auf dem Weg zu einer wahrhaft europäischen Staatsbürgrschaft,

IN EINHEIT UND SOLIDARITÄT

Die Vereinigung zur Förderung der Zweisprachigkeitist eine deutsch-französische Organisation, die ihre Mitglieder auf beiden Seiten der Saar-Mosel-Grenze rekrutiert. Sie unterstützt die Förderung der deutsch-französischen Beziehungen.

Sie hat bereits im vergangenen März auf die einseitige Entscheidung reagiert, die Staatsgrenze zu Frankreich zu schließen. In einem an den Ministerpräsidenten des Saarlandes, Tobias Hans, gerichteten Brief äußerte sie die Befürchtung, dass eine europäische Nation in eine nationale Denk-und Handlungsweise zurückfallen könnteund dies trotz des Schengener Abkommens. Die Vereinigung war besorgt über die Diskriminierung und sogar Stigmatisierung der Grenzbewohner, was sowohl die Franzosen, aber auch die in Frankreich wohnhaften Deutschen betraf.

Wir möchten nun erneut die Aufmerksamkeit von Paris und Berlin auf die Besonderheit der Grenzregionen lenken, wo nationale Grenzen die Nationalitäten nicht voneinander trennen. Hier leben viele Deutsche im Departement Moselle und viele Franzosen im Saarland.

Kein anderes Bundesland weist sovieleGrenzübergänge nach Frankreich auf wie das Saarland, für kein anderes sind gute Beziehungen zum Nachbarland so wichtig, in keinem anderen gibt es so viele auch verwandtschaftliche Verbindungen zu Frankreich.

Viele Grenzpendler arbeiten im Saarland, leben aber in Lothringen, seien sie Deutsche oder Franzosen. Sie waren im Saarland Opfer von Beleidigungen und erlitten Beschädigungen an ihren Fahrzeugen (zerkratzte Karosserie, platte Reifen), stigmatisiert durch ihr Nummernschild mit dem amtlichen Kennzeichen des Departements Moselle (57)! Die Grenzkontrollen und -beschränkungen wurden teilweise mit beispielloser Strenge durchgeführt, je nach persönlicher Interpretation der zugrundeliegenden Vorschriften. Der Wohnsitz im Departement Moselle hat auch berufsbedingt im Saarland zu zahlreichen diskriminierenden Maßnahmen am Arbeitsplatz geführt.

Wie konnte sich die Führung des Saarlandes, eines Landes im Herzen Europas, so verletzend gegenüber ihren französischen Nachbarn verhalten? Sie haben nicht gezögert, 75 Jahre deutsch-französischer Kooperation hinwegzufegen, um eine Machtprobe zu veranstalten, anstatt sich mit ihren europäischen Nachbarn,besonders der französischen Generalkonsulin vor Ort,abzustimmen!

Die Verantwortlichen im Saarland dachten offensichtlich nicht über die Konsequenzen nach. Die aggressiven Ankündigungen von Innenminister Klaus Bouillon haben im Saarland Angst ausgelöst und zur Stigmatisierung der Lothringer Einwohner geführt. Das ist schlimm, denn Angst öffnet Rechtsextremisten Tür und Tor.

Unsere Vereinigung zur Förderung der Zweisprachigkeitsetzt sich für das Erlernen der Sprache des Nachbarn ein. Die Ressentiments der Nachkriegszeit schwanden langsam dank des leidenschaftlichen Einsatzes vieler Politiker und zahlreicher Institutionen und Verbände. Aber die Ereignisse dieser drei letzten Monate haben zu einem Wiederaufflammen dieser Ressentiments geführt. Es wird in Zukunft noch schwieriger sein, für das Deutschlernen im Departement Moselle und das Französischlernen im Saarland zu plädieren!

Schweigen heißt zustimmen oder zumindest nicht missbilligen. Mit diesem Schreiben möchte die Vereinigung für die Förderung der Zweisprachigkeit die Ereignisse der letzten drei Monate im Bewusstsein halten, Ereignisse, die sie ausdrücklich missbilligt.

Wir fordern unsere Politiker auf, sich als verantwortungsbewusste europäische Bürger zu verhalten, sich dafür einzusetzen, dass es künftig keine einseitigen Grenzschließungen zwischen den Ländern der Europäischen Union mehr gibt und dass sie bestrebtsind, im Falle einer Krise konzertiert vorzugehen.

 

Während des Festaktes zur Wiedereröffnung der deutsch-französischen Grenze am 15.06.2020 zwischen Kleinblittersdorf (Saarland) und Grosbliederstroff (Moselle), hat der saarländische Staatssekretär RolandTheis erklärt: "Die Grenzregion bildet einen Körper, den man nicht entzweien kann, ohne dass dieser zugrunde geht.“

Mögen diese Worte uns als Maxime dienen in der Hoffnung, dass sie vielleicht eines Tages für Europa und seine Mitgliedsländer gelten!

Die Delegierten dieses Treffens vom 15.06.2020 brachten auch ihren Willen zum Ausdruck, alles dafür zu tun, das

  • „das Vertrauen wieder dort wächst, wo Ängste geschürt wurden,
  • das Miteinander wieder gelebt wird, wo sich auseinandergelebt wurde,
  • der Respekt und die Wertschätzung im Umgang wieder einziehen, wo Gesten derRespektlosigkeit und der Intoleranz gezeigt wurden,
  • unsere Grenzregion eine gute Zukunft für alle Menschen bietet.“

Wir schließen uns dieser Erklärung an und appellieren an Frau Merkel und Herrn Macron sowie analle am Aufbau Europas beteiligten Akteure, diese Verpflichtungen zu unterstützen und zu fördern, denn das Europa der Völker wird zuallererst in den Grenzregionen aufgebaut.

Auf dass alle unsere europäischen Politiker Wegbereiter seien für eine

WAHRHAFT EUROPÄISCHE STAATSBÜRGERSCHAFT, IN EINHEIT UND SOLIDARITÄT!

Vereinigung zur Förderung der Zweisprachigkeit

Association pour la promotion du bilinguisme e.V.

Für den Vorstand

Der Präsident –Le Président

Dr. Wolfgang Bufe